Große Irrtümer in der Geschichte der Stadt Herzberg
Einladung zum Vortragsabend mit Ulf Lehmann

Wer kennt ihn nicht, den Retter unserer Stadt? Der am Ende insgesamt 30 Jahre währende Krieg, hatte unsere sächsische Heimat die ersten 13 Jahre weitgehend verschont. Doch durch das Bündnis Johann Georgs von Sachsen mit dem schwedischen König Gustav Adolf wurde auch Herzberg 1631 Teil des Kriegsschauplatzes. Die unter dem Oberkommando Wallensteins stehenden Kroaten des Oberst Hans von Götz zogen von Rügen kommend mordbrennend durch die sächsische Niederlausitz. Nachdem sie das benachbarte Schlieben in Schutt und Asche gelegt hatten, wollten die marodierenden Truppen auch Herzberg im Handstreich einnehmen. Laut Herzberger Geschichtsschreibung war es der Bürger Andreas Bolde, der den feindlichen Offizier Götz in mitten des Flusses tödlich verwundete. Der Angriff wurde abgebrochen und unsere Heimatstadt gerettet. Götz starb in Kolochau und wurde in Calau begraben. Soweit die Schulze-Caspar-Chronik von 1842.
Doch kann diese Geschichte stimmen? Bei der Reparatur des Kirchturmes wurde 1679 eine Jahreschronik, deren Aufzeichnungen 1628 beginnen, eingelegt. Der damalige Schreiber besaß größte zeitliche Nähe. Er hätte problemlos von einem Augenzeugen erfahren können, wie der heldenhafte Schütze hieß. Der Name Bolde ist in den Kirchturmaufzeichnungen jedoch nicht enthalten. Woher kannten die Schreiber der 1842er Schulze-Caspar-Chronik dann diesen Namen? Zweifel werden weiterhin genährt, weil die Darstellungen recht unterschiedlich sind: Details, wie das Durchreiten des Flusses sind in der Schulze-Caspar-Chronik bunt ausgeschmückt. Von einem steckengebliebenen Angriff auf der Brücke, wie in den Turmkugelaufzeichnungen berichtet wird, ist bei Schulze-Capar nichts zu lesen. Noch fragwürdiger ist die Schilderung vom Tod des Hans von Götz. Die Schulze-Capar-Chronik geht sogar auf den in Calau befindlichen Grabstein des feindlichen Angreifers Götz ein. Nur, Oberst Hans von Götz hatte den Angriff überlebt. Er wurde in den Folgejahren sogar zum General befördert und starb erst 1645. Ging mit den Chronisten Schulze und Caspar die Fantasie durch? Wollten sie die Stadtgeschichte dramatisieren, einen Held erschaffen und ihm einen Namen geben?
Seit 1934 haben wir ein Andreas-Bolde-Denkmal im Stadtpark. Vor einigen Jahren hatte eine Schülergruppe der Johannes-Clajus-Schule mit ihrer Lehrerin, Ines Jacobi, bereits festgestellt, dass das Denkmal an der falschen Stelle steht. Der Ort des Geschehens, die Steinwegswiese, liegt weiter nördlich. Steht somit das Denkmal nicht nur am falschen Ort, sondern ehrt es auch noch die falsche Person?
Momentan bleibt einiges ungeklärt. Eventuell besaßen die Chronikschreiber von 1842 uns heute nicht mehr überlieferte Informationen, die das eine oder andere Missverständnis aufklären könnten. Meine heimatkundlichen Lehrer Kurt Hartwich und Horst Gutsche haben des Öfteren Bolde als Person angezweifelt, und ich folgte ihnen. Durch glückliche Umstände erhielt ich Ende letzten Jahres alte Unterlagen einer Herzberg Innung. Und plötzlich war er da. Andreas Bolde! Als Meister stellte er 1650 und 1652 einen Lehrling ein. Um mein Glück perfekt zu machen, wird zudem darüber berichtet, dass er 1647 Bierschulden bei seinen Kollegen hatte! An dieser Stelle wird er als Leutnant Andreas Bolde benannt. Damit liegt der Beweis vor, dass es in Herzberg tatsächlich einen (Schützen-) Leutnant Andreas Bolde gab. Herzberg besitzt also tatsächlich einen zum Held gemachten, dem Bier nicht abgeneigten Schützen, auf den wir mehr oder minder stolz sein können. Doch einige Geheimnisse umranken seine Person noch immer.
Ulf Lehmann
Wer mehr über Andreas Bolde erfahren möchte, vor allem welches brotbringende Handwerk er ausübte, sei hiermit herzlich eingeladen zum öffentlichen Vortrag „Große Irrtümer in der Geschichte der Stadt Herzberg“. Die Veranstaltung findet am 23. Mai 2014 um 19.30 Uhr im Gemeinderaum der evangelischen Kirchengemeinde statt. Um eine Spende für „Betont für Herzberg“ wird freundlich gebeten.
Voranmeldungen bitte direkt in der BücherKammer (Tel. 248779)